ICH SEHE DINGE DIE FEHLEN DEINE JACKE DU DENKST SIE SEI DA AN DIR IST SIE ABER NICHT NEIN ES SCHEINT NUR SO WIE EINE VERLOREN GEGANGENE ERINNERUNG VON DER DU NOCH NICHT WEISST DASS SIE ABHANDEN GEKOMMEN IST WIE EINE SCHUBLADE DIE SICH NICHT MEHR ÖFFNET IHREN INHALT UNZUGÄNGLICH MACHT DU ZIEHST AN IHR UND RÜTTELST OHNE WIRKUNG SO IST ES MIT DEINER JACKE WARUM GLAUBST DU FRIERST DU SONST
ICH SEHE DINGE DIE VERSCHWINDEN SÄCKE VOLLER GEDANKEN HINEINGESCHÜTTET VON DIR DANN VERWAHRT AN EINEM SICHEREN ORT ABER DAS DENKST DU NUR DIE PRALLEN SÄCKE SIND NICHT MEHR DU FASST IN ZUSAMMENGEFALLENEN STOFF OHNE INHALT ALS WOLLTEST DU SCHWIMMEN GEHEN IN EINEM VOM WASSER ENTLEERTEN MEER UND JETZT KRAULST DU DURCH TROCKENEN SAND
ICH SEHE DINGE DIE BLEIBEN GEDÄCHTNISSE DEREN BESITZER SICH DAVONGEMACHT HABEN ZU AUFZÜGEN DIE IN UNTERGESCHOSSE FÜHREN DIE ZURÜCKGELASSENEN ERINNERUNGEN IRREN HEIMATLOS HERUM ES SEI DENN SIE FINDEN EINGANGSLÖCHER IN FREMDEN GEHIRNEN WIE IN DEINEM ERINNERST DU DICH NEUERDINGS AN EIN LEBEN DAS NICHT DEINES IST
Galerie Wewerka & Weiss, Berlin, 1990
20. Oktober 1990
Ich wachte auf, setzte mich im Bett auf. Mir war, als hätte mich irgendetwas geweckt, ein Geräusch. Ich lauschte. Es war still. Sehr still. – Ich stand auf. Meine Hand tastete nach dem Lichtschalter. Die plötzliche Helligkeit blendete mich. Ich stand vor der Wohnzimmertür und sah eine schwarze Wand. Die schwarze Fülle war in der Schwelle. – –
Ich ging in mein Bett zurück. Das erste Mal nach einem solchen Vorfall schlief ich gut. Etwas hatte sich verändert.
(Textauszug aus Schwarzes Tagebuch, Herausgeber Künstlerhaus Bethanien Berlin, © Ivana Jokl 1991)